🚴 Ausdauer-Disziplinen im Bahnradsport
Einführung in die Ausdauer-Disziplinen
Die Ausdauer-Disziplinen im Bahnradsport stellen eine faszinierende Kombination aus aerober Leistungsfähigkeit, strategischem Denken und technischer Präzision dar. Im Gegensatz zu den explosiven Sprint-Disziplinen erfordern diese Wettkämpfe eine ausgeprägte metabolische Kapazität über mehrere Minuten bis hin zu über einer Stunde. Die physiologischen Anforderungen ähneln denen des Straßenradsports, jedoch unter kontrollierten Bedingungen auf der ovalen Bahn mit präzisen Streckenlängen.
Die vier Hauptdisziplinen - Verfolgung, Punktefahren, Madison und Omnium - bilden das Herzstück des olympischen Bahnradsportprogramms und verlangen von den Athleten eine außergewöhnliche Kombination aus Ausdauerleistung, taktischem Geschick und der Fähigkeit zur Tempowechselresistenz.
Die vier Kern-Disziplinen im Überblick
Verfolgung (Individual & Team Pursuit)
Die Verfolgung gilt als die reinste Form der Ausdauerleistung auf der Bahn. Zwei Fahrer oder Teams starten auf gegenüberliegenden Seiten der 250-Meter-Bahn und versuchen, die gegnerische Partei einzuholen oder die schnellste Zeit zu erzielen. Die Einzelverfolgung wird über 4000 Meter (Männer) bzw. 3000 Meter (Frauen) ausgetragen, während bei der Mannschaftsverfolgung vier Fahrer über 4000 Meter gegeneinander antreten.
Physiologische Anforderungen:
- FTP (Functional Threshold Power) von 400-450 Watt (Elite-Männer)
- VO2max-Werte über 75 ml/kg/min
- Laktattoleranz für Belastungen im Bereich 105-110% der Schwellenleistung
- Optimale aerodynamische Sitzposition über 4-5 Minuten Belastungsdauer
Taktische Kernelemente:
Die Mannschaftsverfolgung erfordert perfekte Ablöserotationen, wobei jeder Fahrer typischerweise 15-20 Sekunden an der Spitze fährt, bevor er nach oben ausweicht und sich ans Ende der Formation einreiht. Die Zeitnahme erfolgt beim dritten Fahrer, was bedeutet, dass der vierte Fahrer theoretisch abfallen darf - eine taktische Komponente, die häufig bei erschöpften Teamkollegen genutzt wird.
Punktefahren (Points Race)
Das Punktefahren ist eine taktisch hochkomplexe Disziplin über 40 Kilometer (Männer) bzw. 25 Kilometer (Frauen), bei der alle 10 Runden Punkte vergeben werden. Die ersten vier Fahrer jedes Zwischensprints erhalten 5, 3, 2 und 1 Punkt. Ein besonderes taktisches Element ist die Überrundung: Wer das gesamte Feld überrundet, erhält 20 Bonuspunkte, während überrundete Fahrer 20 Punkte abgezogen bekommen.
Erfolgsfaktoren:
- Exzellente Positionierung vor jedem Zwischensprint
- Fähigkeit zu wiederholten hochintensiven Beschleunigungen aus der Gruppe
- Strategisches Timing für Überrundungsversuche
- Energiemanagement über die gesamte Renndistanz
Madison
Die Madison, benannt nach dem Madison Square Garden in New York, ist eine Zweier-Mannschaftsdisziplin über 50 Kilometer (Männer) bzw. 30 Kilometer (Frauen). Nur ein Fahrer pro Team ist jeweils im Rennen, während der Partner im oberen Bereich der Bahn mit langsamerem Tempo fährt. Der Wechsel erfolgt durch einen kraftvollen Handwurf, der dem eingewechselten Fahrer zusätzliche Beschleunigung verleiht.
Besondere Charakteristika:
- Komplexe Punktevergabe mit Zwischensprints und Überrundungen
- Hochfrequente Ablösungen (oft alle 1-2 Runden)
- Extreme Tempowechsel zwischen aktiven und passiven Phasen
- Ausgeprägte Kommunikation und Koordination zwischen Teampartnern
Madison-Rennablauf: 5 Phasen der Strategie
Omnium
Das Omnium ist ein Mehrkampf aus vier Einzeldisziplinen, die alle am selben Tag ausgetragen werden: Scratch Race, Tempo Race, Elimination Race und Points Race. Die Gesamtwertung ergibt sich aus der Punktesumme aller vier Wettkämpfe, was vielseitige Fähigkeiten erfordert.
Trainingsmethodik für Ausdauer-Disziplinen
Periodisierungsmodell
Die Saisonvorbereitung für Bahnausdauer-Spezialisten folgt einem strukturierten Periodisierungsansatz, der sich typischerweise über 24-32 Wochen erstreckt:
Phase 1: Aerobe Basis (8-10 Wochen)
- Umfangsbetontes Training mit 15-20 Stunden pro Woche
- Lange Grundlagenausfahrten im Bereich 65-75% FTP
- Entwicklung der mitochondrialen Dichte und Kapillarisierung
- Kraftausdauertraining im Kraftraum (2-3 Einheiten/Woche)
Phase 2: Schwellenentwicklung (6-8 Wochen)
- Gezielte FTP-Steigerung durch Intervalltraining
- Typische Intervallformate: 3x20min @ 95-105% FTP
- Einführung bahnspezifischer Techniktrainings
- Reduzierung des Gesamtumfangs bei Intensitätssteigerung
Phase 3: Wettkampfspezifische Vorbereitung (4-6 Wochen)
- Simulations-Trainings für spezifische Disziplinen
- Verfolgungssimulatoren mit Zeitmessung
- Madison-Techniktraining mit Teampartner
- Tapering-Strategien vor Hauptwettkämpfen
Phase 4: Wettkampfphase (4-8 Wochen)
- Erhalt der Form durch reduziertes Trainingsvolumen
- Kurze, hochintensive Einheiten zur Schärfung
- Optimierung von Regeneration und Ernährung
Spezifische Trainingseinheiten
Verfolgungstraining: FTP-Entwicklung mit Überschwelle
- 15 min Einfahren @ 55-65% FTP
- 3 x 5 min @ 105-108% FTP (5 min Pause)
- 2 x 4 min @ 110-115% FTP (8 min Pause)
- 15 min Ausfahren @ 50-60% FTP
Madison-Simulation: Tempowechselresistenz
- 20 min Einfahren mit Partner-Ablösungen
- 10 x (45 sek @ 140% FTP + 75 sek @ 70% FTP)
- Partner wechselt während Pausenintervall
- 15 min lockeres Ausfahren
Omnium-Vorbereitung: Vielseitigkeitstraining
- 20 min gesteigertes Einfahren
- 8 x 1 min Sprint aus rollender Fahrt (3 min Pause)
- 2 x 12 min @ 95-100% FTP (6 min Pause)
- 6 x 20 sek maximale Beschleunigung (2 min Pause)
- 20 min lockeres Ausfahren
Technische Anforderungen und Ausrüstung
Bahnrad-Spezifikationen für Ausdauerdisziplinen
Im Gegensatz zu Sprint-Bahnrädern, die auf maximale Steifigkeit und Beschleunigung ausgelegt sind, priorisieren Ausdauer-Bahnräder aerodynamische Effizienz und Komfort über längere Belastungsphasen:
Rahmengeometrie:
- Steuerwinkel: 73-74° (entspannter als Sprint-Geometrie)
- Tretlagerabsenkung: 65-70mm
- Hinterbaulänge: 390-400mm für Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten
- Rahmenmaterial: Typischerweise High-Modulus-Carbon für optimale Steifigkeit/Gewicht-Ratio
Laufräder:
- Vorderrad: 3-5-Speichen-Laufrad oder Vollscheibenrad (je nach Disziplin)
- Hinterrad: Vollscheibenrad für maximale Aerodynamik
- Reifenbreite: 22-25mm für optimalen Rollwiderstand
- Reifendruck: 9-11 bar (abhängig von Fahrergewicht und Bahnbeschaffenheit)
Übersetzung
Die Wahl der Übersetzung ist hochindividuell und disziplinspezifisch:
Positionierung und Aerodynamik
Die Sitzposition auf dem Bahnrad muss einen Kompromiss zwischen maximaler Aerodynamik und nachhaltiger Kraftentfaltung über mehrere Minuten darstellen:
Optimale Positionierung:
- Sattelüberhöhung: 10-14cm über Lenkermitte
- Oberrohrlänge: Individual nach Oberkörperlänge (meist 2-4cm kürzer als Straßenrad)
- Lenkerbreite: Schulterbreit oder leicht schmaler
- Unterlenkerposition: Möglichst tief für aerodynamische Vorteile
💡 Vergleich: Sitzposition Ausdauer vs. Sprint
Ausdauer-Position: Moderater Oberkörperwinkel ~30°, höherer Lenker für nachhaltige Kraftentfaltung und aerodynamische Effizienz über längere Distanzen.
Sprint-Position: Aufrechter Oberkörper ~45°, fokussiert auf maximale Kraftübertragung bei kurzen, explosiven Belastungen.
Der Unterschied zeigt sich in Rückenwinkel, Kniewinkel und Armposition - Aerodynamik vs. Kraftentfaltung als zentrale Designkriterien.
Ernährungsstrategien für Ausdauer-Bahnrennen
Pre-Race Nutrition
Die Vorbereitung auf einen Ausdauer-Bahnwettkampf beginnt bereits 48 Stunden vor dem Event mit gezieltem Carbohydrate Loading:
Tag -2 (48h vor Wettkampf):
- Kohlenhydrataufnahme: 7-8g pro kg Körpergewicht
- Moderate Proteinzufuhr: 1,5g pro kg Körpergewicht
- Ausreichend Flüssigkeit: 35-40ml pro kg Körpergewicht
- Letzte intensive Trainingseinheit zur Glykogenspeicher-Aktivierung
Tag -1 (24h vor Wettkampf):
- Kohlenhydrataufnahme: 8-10g pro kg Körpergewicht
- Fokus auf leicht verdauliche Kohlenhydrate (Weißbrot, Pasta, Reis)
- Reduktion von Ballaststoffen und Fetten
- Vermeidung von gasbildenden Lebensmitteln
Wettkampftag (3-4h vor Start):
- Letzte Hauptmahlzeit: 2-3g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht
- Beispiel: 150g Haferflocken + 1 Banane + Honig (für 70kg-Athlet)
- Moderater Koffeinkonsum (3-6mg pro kg) für ergogene Effekte
Intra-Race Nutrition
Bei Wettkämpfen über mehr als 30 Minuten (Punktefahren, Madison, Omnium-Gesamtdauer) ist eine strategische Nährstoffzufuhr während des Rennens entscheidend:
Madison & Punktefahren:
- Kohlenhydratgel (25-30g) alle 15-20 Minuten
- Isotonisches Sportgetränk bei jeder Erholungsphase
- Zielaufnahme: 60-90g Kohlenhydrate pro Stunde
- Nur während niedriger Intensitätsphasen konsumieren
Omnium (zwischen Einzeldisziplinen):
- Schnell verfügbare Kohlenhydrate nach jeder Disziplin
- Recovery-Shake (Kohlenhydrat-Protein-Ratio 3:1) nach besonders intensiven Rennen
- Elektrolytausgleich durch natriumreiche Getränke
- Timing: Innerhalb von 15 Minuten nach Zieleinlauf
✓ Checkliste: Wettkampf-Ernährung
- 48h vorher: Carbo-Loading starten (7-10g/kg)
- Letzte Hauptmahlzeit: 3-4h vor Start
- Letzte Kohlenhydrataufnahme: 15-30min vor Warm-up
- Flaschen vorbereitet: Isotonisch mit 60-80g CHO/Liter
- Gels griffbereit: 2-3 Stück für Wettkämpfe >30min
- Post-Race-Nutrition: Recovery-Shake innerhalb 15min
Taktische Meisterklasse: Wettkampfstrategien
Verfolgungstaktik
Pacing-Strategie Individual Pursuit:
Die optimale Geschwindigkeitsverteilung folgt einem leicht negativen Splitting-Ansatz:
- Erste 1000m: 100-101% des Zieltempos (schneller Start für aerodynamischen Vorteil)
- Mittelteil (1000-3000m): 98-100% des Zieltempos (konstante Belastung)
- Finale 1000m: 100-102% des Zieltempos (kontrollierte Steigerung)
Team Pursuit Ablösestrategie:
- Kurze, explosive Führungsarbeit (12-15 Sekunden bei 110-115% FTP)
- Zügiges Ausweichen nach oben ohne Geschwindigkeitsverlust
- Beschleunigte Rückkehr ins letzte Rad der Formation
- Anpassung der Rotationsfrequenz an Streckenabschnitt (höhere Frequenz in Kurven)
Punktefahren-Masterplan
Frühe Rennphase (erste 25% der Distanz):
- Konservative Energieverwaltung, Fokus auf Top-5-Position
- Beobachtung der Hauptkonkurrenten
- Vermeidung von frühen Überrundungsversuchen
- Punktesammlung bei günstiger Position, kein erzwungener Sprint
Mittlere Rennphase (25-75% der Distanz):
- Identifikation von Überrundungsmöglichkeiten bei Gruppenauflösung
- Kooperation mit maximal 2-3 anderen Fahrern für Überrundungsversuche
- Weiterhin selektive Punktesammlung bei Zwischensprints
- Energiereserven für Schlussdrittel bewahren
Finale Rennphase (letzte 25%):
- Aggressive Punktejagd bei allen Zwischensprints
- Verteidigung gegen Überrundungsversuche der Konkurrenz
- Letzte 10 Runden: All-Out-Strategie für Bonuspunkte
- Ständige Neuberechnung der Punktesituation
Madison-Kommunikation und Timing
Die Madison erfordert perfekte nonverbale Kommunikation zwischen den Partnern:
Kommunikationssignale:
- Blickkontakt und Nicken = Bereitschaft für Ablösung
- Hand nach hinten gestreckt = Sofortige Ablösung erforderlich
- Zeigen auf Konkurrenten = Beobachtung dieser Bewegung
- Erhobene Hand = Problem/Mechanischer Defekt
Optimale Ablösetiming:
- Vor Zwischensprints: 1-1,5 Runden vorher für frischen Fahrer
- Nach intensiven Phasen: Sofort nach Punktesammlung/Attacke
- Bei Angriffen anderer Teams: Unverzüglicher Wechsel für Konter
- Präventiv: Alle 1-2 Runden auch ohne akute Ermüdung
💡 Profi-Tipp Madison
Kommuniziere vor dem Rennen drei verschiedene Notfallszenarien mit deinem Partner: 1) Platter Reifen (Partner übernimmt 100%), 2) Starke Ermüdung (längere Ablösepausen), 3) Finale Attacke (kürzeste Ablöse-Intervalle für Maximum-Power). Ein vorbereitetes Team ist unschlagbar.
Physiologische Anpassungen durch Bahnausdauertraining
Metabolische Adaptationen
Systematisches Ausdauertraining auf der Bahn induziert spezifische physiologische Anpassungen:
Mitochondriale Verbesserungen:
- Steigerung der mitochondrialen Dichte um 30-40% innerhalb 12 Wochen
- Erhöhte Aktivität oxidativer Enzyme (Citratsynthase +25-35%)
- Verbesserte Fettsäureoxidation bei submaximalen Intensitäten
- Ökonomisierung des Kohlenhydratstoffwechsels
Kardiovaskuläre Anpassungen:
- Vergrößerung des linksventrikulären Schlagvolumens (+15-25%)
- Reduktion der Ruheherzfrequenz auf 35-45 Schläge/Minute
- Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) auf >70 ml/kg/min
- Verbesserte periphere Sauerstoffextraktion (a-vO2-Differenz)
Neuromuskuläre Optimierung:
- Rekrutierung zusätzlicher motorischer Einheiten bei Ermüdung
- Verbesserte intermuskuläre Koordination während Tempowechseln
- Erhöhte Laktattoleranz durch Pufferkapazitätssteigerung
- Optimierte Kontraktionsökonomie bei zyklischen Bewegungen
Biomarker-Monitoring
Für Elite-Bahnausdauer-Athleten ist regelmäßiges physiologisches Monitoring essentiell:
Psychologische Aspekte und mentales Training
Mentale Vorbereitung für Ausdauerdisziplinen
Die psychologische Belastung in Bahnausdauer-Wettkämpfen unterscheidet sich fundamental von anderen Radsportdisziplinen:
Besondere mentale Herausforderungen:
- Schmerzmanagement bei hochintensiver Laktatakkumulation (Verfolgung)
- Konstante Wachsamkeit über 40+ Minuten (Punktefahren)
- Simultane Positionsbeobachtung von 20+ Fahrern (Madison)
- Mentale Frische über 4 aufeinanderfolgende Rennen (Omnium)
Mentale Trainingsmethoden:
- Visualisierung: Detaillierte Vorstellung des perfekten Rennablaufs inkl. Tempogefühl
- Cognitive Reframing: Umbewertung von Schmerzsignalen als Leistungsindikatoren
- Segmentierung: Aufteilung langer Rennen in mentale Abschnitte (z.B. 10-Runden-Blöcke)
- Affirmationen: Positive Selbstgespräche bei kritischen Rennphasen
- Achtsamkeitstraining: Fokussierung auf Gegenwart statt Grübeln über Rückstände
Pre-Race-Routine
Eine strukturierte Wettkampfvorbereitung reduziert Nervosität und optimiert die Leistungsbereitschaft:
⚠️ Vermeidbare Fehler
Zu intensives Warm-up (>45 Minuten) führt zu prämature Ermüdung. Zu kurzes Warm-up (<25 Minuten) verhindert metabolische Vorbereitung. Nervöse Energie in ziellose Aktivitäten statt in strukturierte Routine kanalisieren.
Regeneration und Superkompensation
Unmittelbare Post-Race-Recovery
Die ersten 30-60 Minuten nach einem intensiven Ausdauer-Bahnwettkampf sind entscheidend für die Regenerationsgeschwindigkeit:
Langfristige Regenerationsstrategien
Bei mehreren Wettkämpfen innerhalb kurzer Zeiträume (typisch bei Weltcups oder Meisterschaften):
Tag 1 nach Wettkampf:
- Maximale Regeneration: Kein intensives Training
- Aktive Erholung: 45-60 Minuten lockeres Radfahren @ 50-60% FTP
- Fokus auf Schlaf: 9-10 Stunden Nachtschlaf + optionales Power Nap
- Ernährungsschwerpunkt: Proteinzufuhr 2g/kg für Muskelreparatur
Tag 2 nach Wettkampf:
- Moderate Trainingseinheit: 60-90 Minuten mit Technikfokus
- Krafttraining: Regenerative Übungen (Rumpfstabilität, Mobilität)
- Physiotherapie/Massage falls verfügbar
- Psychologische Erholung: Freizeitaktivitäten außerhalb des Sports
❓ Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Disziplin eignet sich am besten für Einsteiger in den Bahnausdauersport?
Das Punktefahren bietet den idealsten Einstieg, da es taktische Variabilität erlaubt und weniger absolute Höchstleistung erfordert als die Verfolgung. Zudem vermittelt es ein Gefühl für Gruppendynamik auf der Bahn.
Wie lange dauert die Umstellung von Straßenrennen auf Bahnausdauer?
Eine vollständige Adaptation benötigt 8-12 Wochen. Kritisch sind die Anpassung an die feste Übersetzung, das Kurvenfahren in Schräglage und das veränderte Tempoprofil.
Welche FTP ist mindestens erforderlich für Wettkämpfe auf nationaler Ebene?
Männer sollten mindestens 350-380 Watt (ca. 5,0-5,3 W/kg) erreichen, Frauen 250-280 Watt (ca. 4,2-4,5 W/kg) für konkurrenzfähige Leistungen.
Kann man gleichzeitig in Sprint- und Ausdauerdisziplinen erfolgreich sein?
Auf Elite-Niveau ist Spezialisierung unvermeidlich. Omnium-Fahrer repräsentieren den größtmöglichen Kompromiss zwischen beiden Anforderungsprofilen, erreichen aber selten absolute Spitzenleistungen in reinen Sprint- oder reinen Ausdauerdisziplinen.
Wie wichtig ist spezifisches Bahntraining vs. Straßentraining?
Mindestens 60-70% des Trainingsumfangs sollte bahnspezifisch sein in den letzten 8-12 Wochen vor Hauptwettkämpfen. Die Straße eignet sich primär für Grundlagenausdauer und Umfangstraining.
Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven
Technologische Innovation
Die Ausdauer-Disziplinen erleben eine rasante technologische Evolution:
Aerodynamische Optimierung:
- CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) für individualisierte Rahmengeometrien
- 3D-gedruckte Lenkerextensions für optimierte Armposition
- Hautenge Skinsuits mit strukturierten Oberflächen (Riblets) für Grenzschichtbeeinflussung
- Helmdesigns mit optimiertem Übergang zum Rücken (statt isolierte Helmoptimierung)
Leistungsdiagnostik:
- Echtzeit-Laktatmonitoring durch nicht-invasive optische Sensoren
- KI-gestützte Pacing-Assistenten mit Ermüdungsvorhersage
- Hochfrequente Leistungsmessung (>200Hz) für detaillierte Trittanalyse
- Muskeloxygenierungsmessung (SmO2) zur Stoffwechseloptimierung
Materialwissenschaft:
- Graphen-verstärkte Carbon-Laminate für 15% Gewichtsreduktion bei gleichbleibender Steifigkeit
- Keramik-Lagersysteme mit 40% reduziertem Rollwiderstand
- Aerogel-isolierte Skinsuit-Varianten für kühlere Rennbedingungen
Regeländerungen und Format-Evolution
Aktuelle Änderungen (2023-2025):
- Omnium-Punktevergabe harmonisiert über alle vier Disziplinen
- Madison: Strengere Regeln für Ablösekontakt (Handberührung obligatorisch)
- Verfolgung: Erlaubnis für aerodynamische Flaschenhalter in Teamverfolgung
- Einführung kürzerer Scratch-Race-Formate (5km statt 10km) bei Weltcup-Events
Mögliche zukünftige Entwicklungen:
- Einführung von Mixed-Team-Wettbewerben (2 Männer + 2 Frauen)
- Verkürzung der Punktefahren-Distanz für höhere Zuschauerattraktivität
- Integration von Telemetrie-Daten in Live-Übertragungen
- E-Cycling-Bahnweltmeisterschaften als offizielle UCI-Disziplin
📊 Weltrekord-Entwicklung: Männer Einzelverfolgung 4000m
- 2000: 4:11,114 (Chris Boardman)
- 2010: 4:10,534 (Jack Bobridge)
- 2020: 4:04,252 (Filippo Ganna)
- 2024: 3:59,636 (Filippo Ganna)
➜ Verbesserung von 11,5 Sekunden in 24 Jahren
➜ Durchschnittliche Leistungssteigerung: ~4,6% pro Dekade
Internationale Wettkampfstrukturen
UCI Track Champions League
Die 2021 neu eingeführte Track Champions League revolutioniert den Format-Ansatz:
Besonderheiten:
- Kompaktes Format: Alle Rennen an einem Abend (2-3 Stunden)
- Punktesystem über gesamte Saison (6-8 Events)
- Attraktive Preisgelder: Gesamtsieger erhält €25.000+
- Primetime-TV-Slots für maximale Medienaufmerksamkeit
- Sprintwettkämpfe mit Ausdauerdisziplinen kombiniert
Olympische Qualifikation
Der Weg zu den Olympischen Spielen verläuft über ein komplexes Rankingsystem:
Qualifikationskriterien:
- Nation-Quotenplätze: Basierend auf UCI-Ranking der vergangenen Saison
- Weltcup-Punkte: Punkte aus allen Weltcup-Events zählen
- Weltmeisterschaften: Doppelte Punktezahl im Olympia-Qualifikationsjahr
- Kontinentalmeisterschaften: Minimale Punktzahl als Grundvoraussetzung
Maximale Quotenplätze pro Nation (Olympia 2024 Paris):
- Männer Teamverfolgung: 4 Fahrer
- Frauen Teamverfolgung: 4 Fahrerinnen
- Omnium: Je 1 Quotenplatz pro Nation und Geschlecht
- Madison: 1 Team (2 Fahrer) pro Nation und Geschlecht
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Letzte Aktualisierung: 3. November 2025
Autor: Fabian Rossbacher